In der Frage, wie man denn die BIAS Spannung bei einem Röhrenverstärker mit Class A/B Gegentakt Endstufe richtig einstellt, gehen die Meinungen einigermaßen auseinander. Hier also nun meine Überlegungen zu diesem Thema.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen: Röhrenverstärker arbeiten mit lebensgefährlich hohen Spannungen. Ein unüberlegter Handgriff kann unter Umständen tödlich sein! Deshalb sollte man sich an so ein Projekt nur heranwagen, wenn man über die entsprechenden elektronischen Fachkenntnisse verfügt. Gewerbliche Arbeiten an Hochspannung führenden Geräten dürfen in Deutschland nur von Personen mit einschlägiger Ausbildung (z.B. Elektromeister) durchgeführt werden.
Gegentaktverstärker haben immer mindestens zwei Leistungsröhren
in der Endstufe. Bei Verstärkern mit größerer Ausgangsleistung ab
ca. 25 W sind es vielleicht auch vier oder mehr. In der Zeichnung
sieht man, dass dem Ausgangsübertrager primär über eine
Mittelanzapfung die Betriebsspannung zugeführt wird. Die Anoden
der Röhren sind dann an die beiden Enden der Primärwicklung
angeschlossen. Im weiteren Verlauf des Artikels wird von zwei
Röhren in der Endstufe ausgegangen - einer pro "Seite"; es könne
aber auch zwei, drei oder mehr pro Seite sein. Bei der Berechnung
von Strömen und Spannungen muss man das dann entsprechend
berücksichtigen.
Je nach Lage des Arbeitspunktes auf der Arbeitskennlinie ordnet man Verstärker unterschiedlichen Klassen zu. Röhrenverstärker mit Gegentaktendstufe arbeiten in den meisten Fällen in Class A, A/B- oder B-Einstellung, Eintaktverstärker grundsätzlich in Class A.
Bei Class A Endstufen wird in der Regel eine automatische Ruhestromeinstellung benutzt, weil der Arbeitspunkt in der Mitte der Arbeitskennlinie liegt und sich der Strom in Ruhe und unter Last auch nicht wesentlich unterscheidet. Auch bei fehlender Aussteuerung fließt stets der volle Ruhestrom, sodass der Wirkungsgrad gering und die Wärmeentwicklung entsprechend groß ist. Unabhängig von der Steuerspannung sind zu jeder Zeit beide Endröhren gleichermaßen an der Verstärkung beteiligt.
Bei Class A/B Endstufen legt man den Arbeitspunkt nicht in die Mitte der Arbeitskennlinie, sondern man macht das Steuergitter negativer und damit den Ruhestrom kleiner. Bei geringer Aussteuerung arbeitet die Endstufe dann noch in Class A und beide Seiten der Endstufe sind durchgehend an der Verstärkung beteiligt. Bei höherer Aussteuerung jedoch wird zunehmend jeweils eine Seite durch die nun bei einer Halbwelle sehr negative Spannung am Steuergitter in den Cutoff getrieben, während die andere Seite verstärkt. Mit der nächsten Halbwelle des Steuersignals kehren sich die Verhältnisse dann um. Bei fehlender Aussteuerung fließt ein gewisser Ruhestrom durch die Endröhren, der unter Last deutlich ansteigt. Die Gittervorspannung kann automatisch erzeugt werden, sofern dem Kathodenwiderstand ein ausreichend großer Kondensator parallel geschaltet wird. Weil das im verzerrten Betrieb ggf. Nachteile hat, wird die Gittervorspannung meist mit einem separaten BIAS-Netzteil erzeugt.
In Cass B schließlich ist zu jeder Zeit nur eine Röhre aktiv. In Ruhe fließt idealer Weise kein Strom Die negative Gittervorspannung wird per Netzteil erzeugt.
Eine zu negative Biasspannung wirkt sich bei A/B und B-Betrieb so aus, dass u.U. Übernahmeverzerrungen entstehen, weil zu bestimmten Zeiten eine Röhre noch-, die andere hingegen schon in Cutoff ist. Wenn die Biasspannung hingegen positiver wird, nähert sich die Endstufe immer mehr dem A-Betrieb. Irgendwann allerdings ist dann die maximal zulässige Anodenverlustleistung überschritten, die Röhre fängt an zu glühen und fällt früher oder später aus...
Grundsätzlich geht es beim Abgleich der Biasspannung darum, den Ruhestrom durch die Endröhre(n) so einzustellen, dass die maximale Anodenverlustleistung nicht überschritten wird und die Röhren in ihrem optimalen Bereich arbeiten. Den Strom regelt man, indem man der Wechselspannung am Steuergitter ein negative Gleichspannung überlagert. Je negativer die Spannung am Steuergitter wird, umso weniger Strom fließt durch die Röhre. Die Gittervorspannung kann schaltungstechnisch auf unterschiedliche Art erzeugt werden:
Meist gibt es im Verstärker ein Trimmpoti zum Einstellen der
Gittervorspannung. Oft ist die Spannung aber auch über ein
Widerstandsnetzwerk fest eingestellt. Hier muss man ggf. einen
oder mehrere Widerstände gegen solche mit anderen Werten
austauschen.
Im Weiteren geht es also um die Ruhestromeinstellung bei einem
Class A/B Verstärker. Außerdem gehe ich davon aus, dass ein Poti /
Trimmer zur Einstellung vorhanden ist. Für meine Vorgehensweise
benötige ich:
- Die Pegeltöne kann man sich zum Beispiel mit dem Programm Audacity
erzeugen und auf eine CD brennen. Auch Smartphone-Apps wie "FG",
"PA Tone" oder "TestTone" funktionieren gut.
- Eine Lastwiderstand mit etwa 8Ohm/60Watt erhält man durch Parallelschaltung von 6x 47Ohm/11Watt (genau: 7,83Ohm/66W)
Mir sind die im Folgenden beschriebenen vier Verfahren zur
Einstellung der Biasspannung bekannt. Abgesehen von der
ersten, der "optischen" Methode, haben die geschilderten
Vorgehensweisen gemeinsam, dass man vor dem Einstellen erstmal
herausfinden muss, in welchem Bereich der gewünschte
Anodenstrom liegen soll. Dazu benötigt man Informationen
über...
Der höchste zulässige Strom ist dann: I = Pav / Ua
Für den tatsächlich einzustellende Strom, bzw. die daraus
resultierende Anodenverlustleistung, gilt als grobe
Daumenregel ein Wert von etwa 70% des Maximums.
Darunter ("Cold") wird der Verstärker "cleaner" und irgendwann
nehmen unschöne Übernahmeverzerrungen zu. Darüber ("Hot")
nimmt die Lebensdauer der Röhre immer mehr ab - dafür geht die
Endstufe schneller in die Übersteuerung. Insofern ist die
Einstellung auch eine Frage des Geschmacks und/oder des
Geldbeutels.
Die Beschränkung auf ca. 70% der möglichen
Anodenverlustleistung bei der BIAS-Einstellung ist dadurch
begründet, dass wir den Abgleich ja statisch -also ohne
Aussteuerung- durchführen. Im Betrieb kann es, auch abhängig
von der Spielweise, vorkommen, dass die Anoden in Spitzen
zeitweise auch über 100% hinaus belastet werden. Im
Signalverlauf geht die Anodenverlustleistung dann aber
regelmäßig wieder zurück, sodass die Röhren im Mittel nicht
über Gebühr belastet werden.
![]() Beispiel einer Gegentakt-Endstufe
|
1.) "Optische" Methode
Man misst nicht den Anodenstrom. Statt dessen stellt man den Arbeitspunkt "optisch" ein. Dazu steuert man den Amp mit einem Pegelton aus und schaut sich das Bild auf einem Oszilloskop an, welches parallel zum Lastwiderstand am Verstärkerausgang angeschlossen ist. Dann minimiert man optisch die Übernahmeverzerrungen, indem man am BIAS Poti die Vorspannung am Steuergitter der Endröhren -ausgehend vom negativsten Wert am Anschlag- in positiver Richtung verstellt. Man geht dabei davon aus, dass der optimale Arbeitspunkt gefunden ist, wenn das Eingangssignal bei Vollaussteuerung sauber verstärkt wird. Auf dem Schirm ist dann im Idealfall ein ebenmäßiger Sinus ohne Übernahmeverzerrrungen zu sehen.
Nachteil: Man neigt anfangs dazu, den Verstärker tendenziell zu "Cold" einzustellen, weil man schlecht sehen kann, wann der Absatz zwischen den beiden Halbwellen wirklich verschwunden ist.
Vorteil: Man kommt -sofern man auf dem Scope ein deutliches Bild hat- schnell zu guten Ergebnissen, ohne großartig messen oder rechnen zu müssen.
2.) Methode "Direkte Messung"
Man trennt die Anodenzuleitung auf und misst für die
Einstellung den Anodenstrom direkt mit einem Amperemeter.
Nachteile: Man muss zum Messen die
Anodenzuleitung auftrennen - sprich: Ablöten.
Oder man benutzt einen Messadapter, der zwischen Röhre und
Röhrenfassung gesteckt wird. Einige Verstärker sollen bei
eingeschleiftem Messadapter allerdings zum Schwingen neigen.
Diesen Adaptern liegen z.T. Tabellen mit einzustellenden
Strömen für Verstärker XY bei. Die Anodenspannung im konkreten
Amp kann aber vielleich +/- 20% von den Idealwerten des
Schaltplanes abweichen, sodass eine gewisse Vorsicht geboten
ist...
3.) Methode "Indirekte Messung"
Man lötet zwischen Kathode und Masse jeweils (dauerhaft)
einen 1-Ohm Präzisionswiderstand ein und ermittelt aus dem
Spannungsabfall darüber den Strom durch die Röhre. Da I = U /
R und in diesem Fall R = 1 ist, entspricht der gemessene
Betrag der Spannung direkt dem des Stromes.
Nachteile: Man misst in diesem Fall die Summe von Anodenstrom plus Schirmgitterstrom. Der Wert, den man für den Strom bekommt, ist also etwas zu hoch. Ferner stellt ein Widerstand in der Kathodenleitung eine (wenn auch hier geringe) Stromgegenkopplung dar. Gegenkopplung wird ja normalerweise genutzt, um Verzerrungen zu minimieren. Will man das in diesem Fall?
4.) "Bypass"-Methode
Man schließt mit dem Milliamperemeter am Übertrager
primärseitig die Mittelanzapfung und den jeweiligen
Anodenanschluss kurz und misst so den Anodenstrom. Die Idee
dabei ist, dass, wenn das Messgerät niederohmig genug ist, der
größte Teil des Stromes durch das Amperemeter fließt und der
Strom durch den Übertrager zu vernachlässigen ist.
Nachteile: Es funktioniert auch wirklich nur mit einem hochwertigen Messgerät (...mit meinen beiden Amperemetern, 14 / 20 Ohm, geht es nicht) Und der gemessene Strom ist auf jeden Fall geringer, als der tatsächliche.
Alle Methoden haben also Nachteile. Am bestem, man benutzt eine Kombination der geschilderten Vorgehensweisen.
...ist eigentlich die "Optische" (1.), erweitert um eine
Kontrolle dessen, was man eigentlich eingestellt hat.
Zuerst versuche ich anhand des Schaltplanes oder des Planes eines vergleichbaren Verstärkers heraus zu bekommen, in welchem Bereich die BIAS Spannung vermutlich liegen wird. Wenn man es nicht gerade mit einem Neubau zu tun hat, kann man nachmessen, wie die Spannung bei den momentan eingebauten Röhren eingestellt war.
Dann messe ich zuerst am ausgeschalteten Verstärker und mit entladenen Elkos den ohm'schen Widerstand der beiden primären Wicklungshälften des Übertragers (siehe Zeichnung). Danach messe ich die Anodenspannung im Verstärker. Den max. erlaubten Anodenstrom errechnet man, indem man die maximal zulässige Anodenverlustleistung (Datenblatt) durch die Anodenspannung teilt. Dieser Gleichstrom, multipliziert mit dem gemessenen Widerstand, ergibt den im Betrieb maximal zulässigen Gleichspannungsabfall über der jeweiligen Hälfte der Primärwicklung des Übertragers. Da aber nur etwa 70% der zulässigen Anodenverlustleistung erreicht werden sollen, muss der eben gefundenen Spannungswert noch mit 0,7 multipliziert werden. Jetzt kenne ich schon einmal mehrere Größen, die ich für die Einstellung brauche:
Jetzt stelle ich optisch den Biaspunkt ein und achtet dabei darauf, dass der ermittelte zulässige Spannungsabfall, gemessen zwischen Anode und Mittelanzapfung des Übertragers, nicht erreicht oder etwa überschritten wird (...als Daumenregel gilt -wie schon gesagt- eine Anodenverlustleistung von 70% des zulässigen Maximums). Die Einstellung geht folgendermaßen:
Ich gleiche die Gittervorspannung der Endröhren ab, indem ich an den Ausgang des Verstärkers einen passenden Lastwiderstand hänge, über dessen Eingang ich ein Oszilloskop anschließe.
[Den am Oszilloskop einzustellenden Spannungsbereich kann man so überschlagen:
P = U^2 / R => U = sqrt(P * R); U^^ = U * 1.414 * 2
P | Leistung des Verstärkers in Watt |
R | Widerstand der Box / des Lastwiderstandes in Ohm |
U | Effektivwert der Wechselspannung am Lastwiderstand in Volt (...das, was man mit dem Multimeter misst) |
U^^ | Wert "Spitze - Spitze" von U in Volt |
Ein Verstärker liefert z.B. etwa 40 Watt an 4 Ohm. Bei Vollaussteuerung (Sinus auf dem Oszilloskop ist leicht abgeplattet; streng genommen müsste man eigentlich auch den Klirrfaktor messen...) misst man mit einen Wechselstrommessgerät also etwa 12-13 Volt. Mit 2.8 multipliziert werden daraus etwa 35 Volt Spitze-Spitze.]
Am "Normal" Eingang schließe ich einen Tongenerator an.
Für den Abgleich stelle ich später etwa 500 Hz ein - diese
Frequenz liegt im Grundtonbereich eines Gitarensignals.
Jetzt schalte ich den Amp auf "Standby" ein. Dann klemme ich mein Voltmeter z.B. an die Wurzel der Widerstände, über die die Gittervorspannung zugeführt wird. Die gemessene Spannung merke ich mir als Anhaltspunkt dafür, wo die Bias-Spannung etwa liegen soll. Wenn man einen Verstärker zum ersten Mal einstellt (weil man ihn z.B. selbst gebaut hat), kann man sich an Schaltplänen vergleichbarer Amps (gleicher Röhrentyp, gleiche Anodenspannung) grob orientieren.
An dem Abgleichtrimmer stelle ich die neg. Spannung dann auf den größtmöglichen neg. Wert.
Jetzt schalte ich die Anodenspannung ein. Dann stelle ich erstmal die Klangregelung grob so ein, dass der Frequenzgang etwa "linear" ist (ggf. mit Tongenerator prüfen, indem man ein Rechtecksignal einspeist und die Klangregelung so einstellt, dass am Ausgang wieder annähernd ein Rechteck herauskommt). Den Lautstärkeregler des Kanals stelle ich so ein, dass der Tongenerator den Verstärkereingang mit Sicherheit nicht übersteuert (...so etwa 3/4, cleaner Kanal, Mastervolume voll aufgedreht).
Nun justiere ich den Pegel des Sinusgenerators so, dass
die Endröhren an der Grenze zur Übersteuerung sind. Auf
dem Oszilloskop sollte jetzt ein höchstens leicht
gestauchter Sinus mit einer mehr oder weniger großen
"Treppe" in Höhe der Nulllinie (...den
"Übernahmeverzerrungen") zu sehen sein.
![]() |
![]() |
Sinus mit Übernahmeverzerrung | Sinus nach dem Bias Abgleich |
Danach drehe ich mit Blick auf das Voltmeter die
Gittervorspannung solange vorsichtig ins Positive, bis die
Übernahmeverzerrungen gerade verschwinden. Den
Eingangspegel muss man immer wieder etwas nachregeln,
damit man es auf dem Oszilloskop gut sehen kann, denn die
Verstärkung ist von der Gittervorspannung abhängig.
Zwischendurch kann man auch mal die Spannung über der
halben Primärwicklung des Übertragers kontrollieren. Auch
die Anodenbleche der Endröhren sollte man ein wenig im
Auge behalten. Falls diese zu glühen anfangen: Sofort
wieder zurück mit der Gittervorspannung, oder besser den
Verstärker auf "Standby" schalten.
Danach sollte man die Einstellung noch einmal überprüfen:
Zuerst einmal musst die Spannung über der Hälfte der
Primärwicklung des Übertragers in dem Bereich liegen, den
wir vorher für 70% < 100% der zulässigen
Anodenbelastung errechnet haben. Wenn das der Fall ist,
geht es weiter mit der Überprüfung von Anodenstrom und
Anodenverlustleistung.
Den genauen Anodenstrom Ia ermittelt man, indem man die
Gleichspannung über der Hälfte der Primärwicklung des
Übertragers misst und durch den zu Beginn gemessenen
Widerstand der Wicklung teilt (I = U / R). Die sich
daraus ergebene Anodenverlustleistung bestimmt man, indem
man die Anodenspannung Ua misst und mit dem
Anodenstrom Ia multipliziert (Pav = Ia * Ua).
Sofern die Werte innerhalb der Toleranzen sind und die Röhren ohne sichtbares Glühen der Anodenbleche arbeiten, kann man zur Probe einmal die Gitarre einstöpseln. Ist der Sound o.k., so ist die Einstellung abgeschlossen. Klingt der Amp zu "steril" und man hat hinsichtlich der Grenzwerte noch "Luft", dann kann man die Biasspannung ggf. noch etwas erhöhen (...also "weniger negativ" machen).
Nachdem ich eine Einstellung gefunden habe, lasse ich den Verstärker dann erstmal eine Weile auf Volllast, bei mittlerer Leistung und auch im Leerlauf arbeiten, um zu sehen, ob er durchhält. Bei billigen Röhren kann man es manchmal haben, dass diese in Ihrer Belastbarkeit weit auseinanderliegen und bei bei einem Pärchen von einer der Röhren die max. Anodenverlustleistung überschritten wird (Anode glüht) während die andere normal arbeitet. Manchmal sieht man es auch nur dann leicht "leuchten", wenn man den Raum abdunkelt und wirklich sehr genau hinschaut. Gemeint ist nicht das normale Leuchten der Heizfäden, sondern ein Glühen der Anodenbleche! Dadurch wird die Lebensdauer der Röhre stark herabgesetzt. Hier sollte man also sorgfältig vorgehen und die Röhren gut beobachten.
Wenn der Verstärker eine Weile warm gelaufen ist, sollte
man die Einstellung überprüfen. Vermutlich wird man jetzt
die Gittervorpannung noch ein wenig zum neg. Bereich hin
korrigieren. Ausserdem verändern Röhren in den ersten
Betriebsstunden ihre Eigenschaften am stärksten. Wenn man
keine vorgealterten Röhren gekauft hat, sollte nach ein
paar Tagen Betrieb ebenfalls die Biaseinstellung überprüft
werden.
Wichtig ist auch, abschließend einmal nachzumessen, ob
der Verstärker seine Nennleistung erreicht. Diese kann man
grob abschätzen, indem man den Amp soweit aussteuert, bis
der Sinus auf dem Oszilloskop leicht abgeplattet ist. Nach
der Formel P = U^2 / R kann man aus der gemessenen
Spannung am Ausgang und dem Widerstandswert die Leistung
errechnen (Streng genommen bezieht man die Leistungsangabe
in Datenblättern z.B. auf Aussteuerung auf 1% Klirrfaktor
bei 1000Hz)
"Die" richtige Einstellung gibt es -wie zu Beginn gesagt- nicht. Vielmehr kann die Vorspannung in einem gewissen Bereich variieren. Die Grenzen sind auf der einen Seite durch das Ableben der Röhre bei längerem Überschreiten der Anodenverlustleistung und auf der anderen Seite durch den Anstieg unschöner Übernahmeverzerrungen gesetzt. Dazwischen gibt es einen Bereich, in dem die Einstellung auch Geschmacksache ist.
-Ug | Steuergitter-Vorspannung der
Endröhren (Volt) |
Pav | max. Anodenverlustleistung der
Endröhre (Watt) |
P |
akt. auftretende
Anodenverlustleistung (Watt) |
R | Gleichstromwiderstand der Hälfte der Primärwicklung des Ausgangsübertragers (Ohm) |
Ua |
Anodenspannung (Volt) |
I |
Anodenstrom (Ampere) |
Zum Abschluss dieses Teils hier die Anodenverlustleistungen einiger gängiger Leistungsröhren (Quelle: RTT, Franzis', 1974)
Typ | Pav (W) |
6L6GC | 30 |
6V6GT | 14 |
EL34 | 25 |
EL84 | 12 |
ECL86 | 9 (...siehe *2) |
*1) Es ist bei der
statischen Bias Einstellung nicht ratsam, auf die 100%
Anodenverlustleistung abzugleichen, weil die Belastung
der Anode im dynamischen Beztrieb durchaus auch einmal
höher ausfallen kann. Mit der statischen ca. 70% <
100% Einstellung erreicht man, dass die Anode sich
nach einer kurzzeitigen Überlastung zwischendurch
immer wieder erholen kann.
*2) ...mit dieser Röhre habe ich einmal einen Übungsamp gebaut. Man kommt für einen Gegentaktverstärker mit nur drei Röhren -Vorstufe plus zwei Endröhren- aus.
Sofern man kein Oszilloscop besitzt, kann man die BIAS-Spannung und damit den Ruhestrom durch die Endröhren natürlich auch ohne optische Kontrolle einstellen. Dann bleiben einem allerdings Asymmetrien des Signals, parasitäre Schwingungen etc. weitgehend verborgen.
Sicherlich gibt es viele andere Methoden der Einstellung, die ebenfalls zum Ziel führen. Für mich wäre wichtig:
Was Röhrenamps angeht, wird von "Gurus" oft teure Voodoo Zauberei angeboten. Dagegen kriegt man ein gebrauchtes NF Oszilloskop bei eBay schon recht günstig und ein Multimeter kostet auch nicht die Welt. Wenn man so eine Einstellung erst ein paar mal gemacht hat, bekommt man schon ein Gespühr dafür, wann das Optimum erreicht ist. Darum:
Sei dein eigener Guru!